Holzschnitt 1510
    
Nikolaus von Flüe
Bruder Klaus  
  
 
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   Demut und Glaube · das Fundament des Hauses
  
  

Bruder Klaus wurde schon kurz nach seinem Tod im Jahre 1487 in weiten Teilen Europas als Heiliger verehrt und als Retter in der Not um Fürbitte bei Gott angerufen.
  
In einer anderen, ebenso rauhen Gegend wie im Tal der Melchaa, im Jura, lebten schon lange vor Bruder Klaus einige Eremiten. Bereits in der ausgehenden Antike lebte im Südjura der Einsiedler Roman von Condat. Bald scharte sich um ihn eine Gemeinschaft (St. Claude, benannt nach dem dritten Abt), Roman wurde deren erster Abt und 333 im Alter von 54 Jahren zum Priester geweiht. Später gründete er das Kloster Romainmôtier (bei Vallorbe). Zu jener Zeit gab es allerdings den Benediktinerorden noch nicht. Ein weiterer herausragender Einsiedler etwas später Ursicinus, von dem das Städtchen St. Ursanne am Doubs den Namen erhielt.
  
Auf der Ex-Voto-Tafel rechts ist zweifellos Bruder Klaus abgebildet, jedoch versetzt in eine Flusslandschaft. Es könnte der Doubs mit seiner breiten Schleife bei St. Ursanne sein. Das würde bedeuten, dass man die Heiligen, die man verehrt, auch nahe bei sich, in der eigenen Umgebung haben möchte und sie darum auch landschaftlich gesehen so abbildet. In Bruder Klaus wird gleichsam der frühere Einsiedler St. Ursicinus imaginativ gegenwärtig.
  
Im 15. Jahrhundert berichtet eine Biografie von einem Aussteiger adliger Herkunft, der seine Welt verliess, um Gott zu dienen. Seine zunächst beabsichtigte Pilgerreise nach Rom endete in Trier, wo er darauf als Einsiedler und Hirte lebte. Später verlegte er seine Stätte ins Saarland. Hier ist St. Wendel der Wallfahrtsort seiner Verehrung – angenommenes Todesjahr: 1015. Wendelin wird seit dem Mittelalter von den Bauern der Innerschweiz als Fürbitter und Beschützer angerufen. Von der Kapelle St. Joder in Altsellen (Nidwalden) ist er Nebenpatron (Quelle 080). Zu Altsellen hatten die von Flües familiäre Beziehungen: die Tochter Dorothea heiratete dort in die Familie Scheuber ein, deren Sohn, Konrad, nach einem ausgefüllten bürgerlichen Leben ebenfalls Einsiedler wurde. – St. Wendel im Saarland hätte durchaus eine Station von Klausens Pilgerreise sein können, die er am 16. Oktober 1467 begann – nebst Trier, wo der Legende nach der heilige Rock Jesu aufbewahrt sein soll.
  
Wohin wäre unser Klaus nach der Überquerung des Jura am Oberen Hauenstein gegangen? Nach Basel und dann? – Das wird für immer ein Anlass von Spekulationen und Gerüchten bleiben. Hartnäckig hielt sich die Vermutung, Bruder Klaus hätte sich im Elsass der Bewegung der Gottesfreunde anschliessen wollen. «Gottesfreund» konnte eigentlich jeder fromme Mensch genannt werden. So war denn auch die Bewegung der «Gottesfreunde» eine ziemlich lose Bruderschaft, unter anderem mit Beziehungen zum Frauenkloster in Engelberg und zur Eremitengemeinschaft in Wittenbach (Heiligkreuz, Entlebuch) – vorwiegend im 14. Jahrhundert; im 15. Jahrhundert hat die Aktivität merklich nachgelassen. Der Hauptharst konzentrierte sich auf die Städte Strassburg und Freiburg im Breisgau. Das Stadtleben hätte aber zum Lebensstil des Klaus von Flüe, zu seinem «einig wesen», überhaupt nicht gepasst, ebenso wenig das ethisch recht fragwürdige Verhalten der Leader, Rulman Merswin (1330–1382) und dessen Famulus Nikolaus von Loufen (Nikolaus von Laufen, entsprechend dem Städtchen an der Birs, nicht: Löwen – «loufen» = Wasserfall), mit ihrer erfunden Orakel-Gestalt des «Gottesfreund im Oberland» – ein gestörtes Verhältnis zur Wahrheit, wie wir es bei Sekten finden können. Möglich, dass im so genannten «Pilgertraktat» (Augsburger Inkunabel um 1487, Quelle 048) Gedanken vorkommen, die lose etwas mit den Gottesfreunden zu tun haben können, bei Bruder Klaus selbst gibt es jedoch nicht die geringste Spur in diese Richtung. Jeder spirituelle Einfluss von aussen wäre nicht ohne Wissen und Zutun der beiden Berater Oswald Issner (Pfarrer in Kerns) und Heimo Amgrund (Pfarrer in Kerns und später in Stans) zu Bruder Klaus gelangt. Es gibt keine Spur zur erwähnten Bruderschaft, ebenso wenig zur spezifisch dominikanischen Mystik, sofern die Gedanken nicht bereits Allgemeingut und in fast jedem Frauenkloster in das spirituelle Leben einbezogen waren. Im Übrigen stand im 15. Jahrhundert das Volk in den Tälern Unterwaldens mit den beiden Klöstern in Engelberg nicht gerade in einem guten Einvernehmen. – Die Passionsmystik Klausens steht den 15 Passionsgebeten der schwedischen Mystikerin Birgitta (sie lebte lange Zeit in Rom) sehr nahe. Ihr Gedankengut gehörte im 15. Jahrhundert zum Allgemeinwissen des Weltklerus, zum dem eben auch Heimo Amgrund gehörte, der wiederum Bruder Klaus in diese Richtung beraten hatte (Quelle 055). Das Verhältnis Bruder Klausens zu den Dominikanern war eher zu negativ, als dass er Gedanken von ihnen angenommen hätte, setzten doch einige von ihnen dem einfachen Einsiedler immer wieder zu mit ihren Inquisitionen, um seine Glaubenstreue zu prüfen (vgl. Quelle 015 und Quelle 029). Die drei grösseren Visionen, die Caspar Ambühl (Quelle 068) festgehalten hatte, haben ihre Wurzeln in dieser Passionsmystik und sind dem Inhalt nach derart originell, dass sie nirgendwo sonst Ihresgleichen finden.
  
Abbildung: Das Ex-Voto-Bild aus dem Jahre 1688 befindet sich in der Kapelle Unserer Lieben Frau auf der Vorbourg bei Delsberg (Delémont) – dem Marienwallfahrtsort im Jura. Das Bild wurde eingesandt von Pater Dominique Stolz OSB.
  

  
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